Ein perfektes Paar – privat wie beruflich • Artikel veröffentlicht in Liebhaverboligen, August 2022. Geschrieben von Charlotte Ravnholt

Ein perfektes Paar – privat wie beruflich • Artikel veröffentlicht in Liebhaverboligen, August 2022. Geschrieben von Charlotte Ravnholt
Ein perfektes Paar – privat wie beruflich
 
 Eine ungewöhnliche Geschichte über Unternehmergeist. Sie beginnt vor 20 Jahren als Tina und Lasse, jung und frisch verliebt, zu einer Rucksacktour in Peru aufbrachen. Sie kannten einander erst seit sechs Monaten und es war überhaupt nicht geplant, dass die beiden Jungakademiker etwas anderes als viele schöne Erinnerungen mit nach Hause bringen sollten. Am Flug zurück nach Dänemark hatten sie allerdings einige wunderschöne Decken im Gepäck und  waren immer noch ineinander verliebt – aber nun auch in Peru und das kühle alpine Klima. Die Reise wurde zum Beginn eines unternehmerischen Abenteuers, nämlich Elvang Denmark, und einer langjährigen Beziehung, die heute seit 20 Jahren besteht. Privat wie beruflich.
 
Heute sind die beiden verheiratet und haben drei Kinder. Sie leben derzeit auf Mallorca. Das Unternehmen ist kontinuierlich gewachsen und 2022 ist Elvang ein Textilunternehmen, das mit einem Lebensstil verbunden ist, und nicht nur Decken und Kissen in Alpakawolle führt, sondern auch ein breites Sortiment an Heimtextilien wie Bettwäsche, Handtücher, Schals und Bodenläufer. Obwohl das Herz bei peruanischer Alpakawolle höher schlägt, produziert Elvang heute auch Textilien aus Baumwolle und Leinen.
 
Aber zurück zum Anfang: Als Tina und Lasse Elvang 2002 aus Peru nach Hause kamen, dachte keiner von beiden daran, ein Unternehmen zu gründen. Beide waren beruflich erfolgreich – Tina arbeitete damals am Institut für Menschenrechte und Lasse, mit seinem Abschluss als Master of Science in Economics, war als Wirtschaftswissenschaftler für Sonofon tätig – und keiner träumte davon, selbständig zu werden. Zumindest nicht zu Beginn. Als sie jedoch auf einem Markt die wunderschönen Decken sahen, war es um sie geschehen. Ebenso um ihre Familien und Freunde, als das Paar die Decken als Geschenke mit nach Hause nahm. Das brachte Lasse auf die Idee, den Markt zu analysieren und er stellte fest, dass niemand in Dänemark Alpakawolle verkauft. Damals konnte man eigentlich nicht viele exklusive Decken finden. Er suchte mehrere Design- und Innendesign-Geschäfte auf und als er ein überraschend positives Echo erhielt, sendete er eine E-Mail an die Firma in Peru, die die Decken erzeugte. Der Kontakt war hergestellt und zum Glück sprach Lasse fließend Spanisch, nachdem er in Spanien studiert hatte, was die Kommunikation viel einfacher machte.
 
Darauf folgte ein Besuch in der Firma, der Lasse überzeugte, dass alles so ist, wie es sein sollte: keine Kinderarbeit und keine geheimen Arbeitsprogramme. Die Qualität war erstklassig und Lasse kehrte mit einem Rucksack voller Muster nach Hause zurück, um damit mehrere Händler und Fachmessen zu besuchen.  Die Reaktion war so motivierend, dass das Paar ihren Urlaub und die gesamte Freizeit dafür nutzte, mit ihren Alpakadecken in den Markt einzusteigen. Gleich zu Beginn hatten sie den Eindruck, dass Dänemark und Skandinavien für den Vertrieb nicht ausreichen würden, daher konzentrierten sie sich auch auf Exporte in die ganze Welt.  Nach einigen Monaten trafen die ersten Bestellungen aus Deutschland, Italien und den USA ein ... und dann stand dem Paar eine sehr geschäftige Phase bevor. 
„Wir lebten in einer Wohnung im vierten Stock und erhielten eine 600 kg schwere Lieferung an Decken, die wir in die Wohnung tragen mussten, denn wir verwendeten die Wohnung auch als Lager. Wir baten alle unsere Freunde um Hilfe und es wurde uns klar, wie unerfahren und unvorbereitet wir tatsächlich waren", erklärte das Paar und führt weiter aus:
„Wir hatten Elvang überhaupt nicht als eine Marke definiert. Wir hatten zwar ehrgeizige Pläne und sahen ein klares Potenzial, aber wir hatten keine langfristigen Ziele oder einen Geschäftsplan ausgearbeitet. Es war ein Prozess, der sich entwickelte."
Sie hatten immer noch ihre Arbeit neben Elvang, daher waren diese Jahre sehr arbeitsintensiv. Die Anstrengungen haben sich jedoch gelohnt und zwei Jahre nach der ersten Rucksacktour nach Peru kündigte Lasse seine Arbeit und widmete sich zu 100 % dem Unternehmen. Tina folgte ihm einige Jahre später nach und seit damals blickten die beiden nicht mehr zurück. Die ersten Kissen und Schals kamen zur Kollektion hinzu und seit damals hat sich das Sortiment stetig erweitert, wie auch die Zielgruppe. Seit dem Beginn waren die Rollen klar und deutlich aufgeteilt und getrennt: Lasse war für Vertrieb und Finanzen verantwortlich und Tina für die Produktentwicklung und das Branding. Das Paar arbeitete eng zusammen und übernahm auch füreinander Verantwortung, was vielleicht der Grund ist, warum es nie Probleme gab, gemeinsam zu arbeiten und zu leben. Als die Kinder aufwuchsen halfen sie auch im Lager mit und allmählich wurde das Unternehmen zu einem Familienprojekt.
 
Trotz des Erfolgs, des Unternehmenswachstums und dem umfangreicheren Produktportfolio hat sich die DNA von Elvang nicht verändert. Die zentralen Werte sind immer noch gesellschaftliches Engagement, Glaubwürdigkeit, Integrität und Respekt für Umwelt und Menschen. Anders gesagt, es geht um fairen Handel. Elvang trifft nachhaltige und verantwortungsvolle Entscheidungen und wurde dafür mit der höchsten Fair-Trade-Zertifizierung der WFTO (World Fair Trade Organization) ausgezeichnet. Damit ist sichergestellt, dass die Produkte jederzeit unter ethischen Bedingungen erzeugt werden. Bei ihren Werten gehen Tina und Lasse keine Kompromisse ein.
 
„Soziale Verantwortung und die Umwelt waren immer unsere wichtigsten Anliegen. Wir sind nicht kommerziell oder strategisch aufgestellt. Wir machen mit Peru Geschäfte, weil wir helfen wollen. Wir haben seit 2002 einen starken Bezug zum Land. Von unserer Produktion in den lokalen Webereien erzielen 300 Familien ein Einkommen. Bei unserer jüngsten Initiative geht es um Wiederverwendung." Es ist ein natürlicher Schritt für uns, gebrauchte Produkte wieder nach Peru zu senden, wo sie wiederum Wert in der lokalen Gemeinschaft schaffen können. Daher können Sie jetzt Ihre alten Elvang-Produkte spenden bzw. an unseren Hauptsitz senden. Wir sorgen dafür, dass sie nach Peru verschifft werden, wo schutzbedürftige, alleinstehende Frauen aus den Textilien Taschen, Puppen, Teddybären usw. anfertigen und auf den lokalen Märkten verkaufen können. Wir tragen auch mit Kollektionsmustern und Überbestand dazu bei", berichtet Lasse Elvang.
In vielen Kollektionen verwendete Elvang jahrelang recycelte Alpakawolle, daher steht Elvang Repurposing im Einklang mit der Vision, die Lebensdauer der Materialien zu verlängern.
 Was ist der größte Unterschied zwischen 2002 und 2022?
„Es ist ganz klar, dass sich heute JEDER Gedanken über Nachhaltigkeit macht.  Wir berücksichtigten sie anfangs nicht. Wir dachten gar nicht daran, unsere Produkte als nachhaltig zu vermarkten, weil das damals noch kein Thema war. Erst in den letzten 10 Jahren wird es im Marketing genutzt. Heute ist Nachhaltigkeit eine Anforderung und sehr wichtig", führt das Paar aus.
Während der Corona-Lockdowns erkannten sie – wie viele andere auch –, dass man sein Unternehmen nicht von zu Hause aus leiten muss. Warum sollte man nicht von der Mobilität und Flexibilität bei der Arbeit profitieren? Die Kultur der digitalen Nomaden gefällt der Familie Elvang sehr gut.
„Wir müssen nicht täglich im selben Büro sitzen. Daher entschieden wir uns, ein Jahr Auszeit zu nehmen, ein Haus in der Nähe von Palma zu mieten, die Kinder auf eine britische Schule zu schicken und von Mallorca aus zu arbeiten. An einigen Tagen sitzen wir in einem lokalen Café und arbeiten – oft gemeinsam mit anderen Dänen, die hier leben – was eine willkommene Abwechslung ist. Gleichzeitig erhalten unsere Kinder eine globale Perspektive", erklären die beiden. Im Sommer geht es wieder zurück nach Dänemark. Dann geht das Jahr in Mallorca zu Ende und neue Projekte warten auf ihre Umsetzung. Das Paar möchte sie noch nicht enthüllen, aber eines bleibt sicher, dass nämlich Elvang mit einem reinen Gewissen arbeitet.
___________
Tina und Lasse Elvang, 49 und 53 Jahre, haben zwei Töchter mit 17 und 11 Jahren und einen 14-jährigen Sohn. Ihr Lebensmittelpunkt ist Sorø, sie haben sich aber ein Jahr Auszeit genommen, das sie in Palma, Mallorca, verbringen, von wo aus sie ihr Geschäft führen. Elvang hat aktuell Vertriebsmitarbeiter in mehreren Ländern, exportiert in mehr als 25 Länder und erzielt einen Umsatz in Millionenhöhe. 85 % des Umsatzes werden in den skandinavischen Ländern und Deutschland erwirtschaftet, aber auch der US-Markt wird immer bedeutender.
 
___________
Alpaka-Wolle wird oft als stärker als Mohair, feiner als Kaschmir, glatter als Seide, weicher als Baumwolle, wärmer als Gänsedaunen beschrieben und reguliert zudem die Körperwärme besser als Thermo-Strickgewebe. Aufgrund seiner Qualität wird Alpakawolle als eine der luxuriösesten Naturfasern der Welt betrachtet. Alpakafasern sind fein und dünn, aber gleichzeitig stärker als gewöhnliche Wolle. Außerdem sind die Fasern weich, daher bilden sich kaum Fusseln. Das bedeutet, dass die Produkte länger wie neu aussehen. Das Alpaka lebt vor allem in den Anden von Peru unter harschen klimatischen Bedingungen. Die Temperaturen können innerhalb von 24 Stunden bis zu 50 Grad schwanken. Die Wolle der Alpakas ermöglicht es ihnen, diese großen Temperaturunterschiede zu überstehen. Die Geschichte des Alpakas lässt sich mehr als 6000 Jahre zurückverfolgen, noch lange vor das Inka-Reich.
 
___________
Die Produkte von Elvang werden unter anderem aus recycelter Alpaka- und Schafwolle und Bio-Baumwolle hergestellt. Die Bio-Baumwolle wird nachhaltig in Portugal in einem Werk erzeugt, das GOTS-zertifiziert ist. GOTS bedeutet Global Organic Textile Standard und ist eine Garantie, dass die Produkte nach umweltverträglichen Standards und verantwortungsvoll hergestellt werden. Die Textilien von Elvang sind hypoallergen und enthalten keine schädlichen Chemikalien.

Artikel veröffentlicht in Liebhaverboligen, August 2022.
Geschrieben von Charlotte Ravnholt
Vorheriger Artikel Nächster Artikel